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Angst ist eine Illusion

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Auszug aus dem ersten Band der Trilogie zum spirituellen Enneagramm "Angst - die Flucht aus der Wirklichkeit" von OM C. Parkin.

Frage: In meinem Leben gibt es in vielen Kleinigkeiten Angst, Unsicherheit, ein Zögern, ein Mich-nicht-mitteilen oder vielleicht nicht wahrhaftig zu sein, wie Du es gestern genannt hast. Meine bisherigen Lehrer sagen, man muss es irgendwie im Inneren tragen können, diese Angst, die es in mir gibt. Bis heute scheint mir das irgendwie nicht vorstellbar, wenn ich mich dort hin bewege in meinem Inneren, dann ist es wie, wie … ich nenne das ‚blankes Entsetzen‘, und das ist nicht Angst vor irgendwelchen spezifischen Dingen. Es kann sich auf alles beziehen, aber es behindert mich im Alltag. Es lässt mich zögern, mich nicht mitteilen, Dinge nicht tun, die ich vielleicht tun sollte oder könnte. Kannst Du bitte zu diesem Thema Angst etwas sagen?

OM: Also zunächst möchte ich sagen, dass ein Mensch, der keine Angst hat, entweder unbewusst, hochgradig gestört, oder erleuchtet ist. Es gibt verschiedene Ebenen von Lehren über die Angst. Es gibt die Lebenshilfe, die dich lehren kann, dich mit dem, was du Angst nennst,  zu arrangieren. Durch positive Gedanken, die, lax gesprochen, alle dieselbe Botschaft in sich tragen: „Ist doch alles halb so schlimm.“ Oder geh’ in eine Verhaltenstherapie und lerne, mit angstvollen Situationen umzugehen und sie auf diese Weise zu lindern und möglicherweise auch aus der Oberfläche der konkreten Situation abzudrängen.

Die tiefste Heillehre über die Angst ist die Lehre der Transformation, die Möglichkeit der Transformation von Angst. Diese Lehre ist nicht mehr an den konkreten, oberflächlichen Inhalten von Ängsten interessiert, sondern  daran, diesem Spukphänomen vollständig auf den Grund zu gehen. Angst kann sich tatsächlich vollständig auflösen, wenn wir diesen Weg in die Tiefe nehmen, denn das Phänomen, was wir Angst nennen, ist nicht einfach nur ein Gefühl, es ist ein Netz von Illusionen, es ist ein Netz von Selbsttäuschungen. Und dieses Netz von Täuschungen hat eine große Macht über die Menschen. Wir müssen beginnen, Strukturen von Täuschung, von Selbsttäuschung auf den Grund zu gehen. Das ist nicht allein mit Lebenshilfe getan, nicht mit Psychotherapie. Die radikalen Mittel, die ich vorschlage, sind die spirituellen Tugenden von Hingabe und Selbsterforschung. Bhakti und Jnana.
 
Das ist doch ein ganz grundlegender Aspekt von Selbsttäuschungen, in der die Menschen leben, nämlich die Distanz zwischen dem Schauenden und dem Geschauten. Die Frage der inneren Distanz zwischen dem Schauenden und den Bildern, den Gefühlen, den ganzen Universen, die sich da auftun. Wie groß ist der Abstand zwischen dir und dem, was du Angst nennst? Du wirst feststellen, dass es einen Abstand gibt, und das genau ist die Grundstruktur im Aufbau von Selbsttäuschung. Wir können nicht wirklich sehen was ist, weil wir zu weit entfernt sind von dem, was ist. Wir haben uns zurückgezogen, wir laufen weg, wir laufen woanders hin. Aber wir verstehen es noch nicht, vollständig dazubleiben und die unbedingte Nähe aufzusuchen. Die Nähe zu Dem-was-ist.
 
Jetzt wirst du mir vielleicht sagen: „Ich bin zu feige." Dann werde ich dir antworten: „Eben das ist eines der Elemente der Selbsttäuschung von Angst." Angst ist ein Phänomen, das den Schauenden dazu verleitet, Abstand zu nehmen. Wenn ich ein kleines Kind vor mir habe und mir eine Monstermaske überziehe, wird das Kind weglaufen. Es wird flüchten. Warum wird es nicht einfach stehen bleiben und in innerer Unbewegtheit schauen? Weil es nicht die Bewusstheit hat. Weil es die Möglichkeit nicht in Betracht zieht, weil es noch nicht die Intelligenz besitzt, diese Möglichkeit zu erkennen. Weil es von den Strukturen der Illusion und der Täuschung gefangen genommen wird. Und Angst ist eine der großen Illusionen der Menschheit. Vielleicht eine der größten überhaupt.

Wie Menschen des inneren Weges wissen, ist es zwecklos, heldenhaft gegen die Angst vorzugehen, genauso wenig wie es etwas nützt, sich stark zu machen mittels weiterer Illusionen und Selbsttäuschungen. All das wird die Täuschung von Angst nicht zerstören. Also bist du aufgefordert, den Strukturen von Selbsttäuschung und Illusion auf die Spur zu kommen. Flüchtende sind immer zu weit entfernt. Sie sind immer einen Schritt zu weit entfernt von Erkenntnis.

Und wenn man dem Flüchtenden näher kommt, versucht er seine Fluchtgeschwindigkeit zu erhöhen. Um die Gefangenschaft in Täuschung und Illusion zu erkennen, müssen wir es verstehen lernen, wirklich nahe zu treten! Egal was wir sehen wollen, wir müssen den Mut aufbringen, das Vertrauen, die Liebe, um so nah herantreten zu können, dass wir sehen können, dass wir fühlen können, dass wir durch-schauen können. Wir müssen davon ausgehen, dass alles, was wir sehen, nur eine Fassade ist, alles. Und haben wir den Mut, hindurch zu dringen? Haben wir den Mut, so nahe heranzutreten, dass der Schauende und das Geschaute eins werden? Und das bedeutet nicht mehr "Ich habe Angst“, sondern „Ich bin Angst". Solange ich Angst habe, bin ich viel zu weit entfernt. Erst wenn ich Angst bin, bin ich eins mit Angst und kann sie von innen sehen. 

Das Buch "Angst - Die Flucht aus der Wirklichkeit" ist bei www.advaitamedia.com erhältlich.

Auszug aus dem Buch - Die Flucht aus der Wirklichkeit; Auflage 2015
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