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IRIS ROHMANN IM INTERVIEW MIT OM C. PARKIN, 2006

Von der Vereinigung unvereinbarer männlicher und weiblicher Urkräfte

Quelle: Dieser Artikel ist ein gekürzter Auszug aus den Interviews mit OM C. Parkin, 2006. Er ist vollständig erschienen in der Zeitschrift advaitaJournal, Vol. 14, Seite 7ff., und ist zu beziehen über advaitaMedia GmbH, Tel: 040-410 85 65 oder Email: order@advaitamedia.com, www.advaitamedia.com

 

Warum spricht ein Mystiker über die männliche und weibliche Seele, wenn sie sich im EINEN doch auflösen? Weil alles nach Vereinigung strebt. Wir führen das Gespräch für diesen Artikel mit OM C. Parkin an einem warmen Sommerabend auf der blühenden Insel Ibiza, geplagt von unsichtbaren Fliegen. OM, Philosoph und Lehrer Innerer Arbeit lässt uns einen tiefen Blick werfen in das Innere des menschlichen Geistes, vor unseren Augen entfaltet er das Ur-Spiel von Männlich und Weiblich, das in jedem Menschen spielt – und all die Missverständnisse, die wir darüber haben. Er spricht von der Unterdrückung der weiblichen Seele und dem Verlust der männlichen Seele in jedem einzelnen Menschen, und wie dieser Riß durch die ganze Welt geht. Das ist schmerzhaft. OM spricht über die falsche Stärke der Deutschen, den Faschismus des Dritten Reiches, er spricht über Globalisierung und die Ausbeutung der Natur. Es ist ein hochpolitisches Gespräch. Gleichzeitig wird uns klar: Es ist unmöglich, Innen und Außen zu trennen. Was hier ist, ist dort. Und alles ist hier. HIER entwirft OM für uns reine innere Ausblicke auf den Tanz männlicher und weiblicher Ur-Kräfte und er breitet diese still-bewegten Bilder wie ein Gewebe vor unseren Augen über die gesamte Schöpfung aus. Als wir nach dem Gespräch gemeinsam in die besternte Sommernacht hinaustreten, sehe ich die Welt mit anderen Augen. Und ich entdecke: Ewigkeit.

Du sagst, die männliche und die weibliche Urkraft fließen direkt aus der Quelle, sie sind archaische Kräfte. Wie beschreibst Du diese Kräfte?

OM: Mit dem Konzept männlicher und weiblicher Urkräfte lässt sich die grundlegend polare Erscheinung der Kräfte beschreiben: Schöpfung und Zersetzung, Geburt und Tod, Himmel und Erde, Sonne und Mond, aktiv und passiv, Tag und Nacht, Licht und Dunkel, Geist und Materie, Yang und Yin. Der gesamte lebendige Kosmos lässt sich als ein Tanz männlicher und weiblicher Urkräfte verstehen, die sich aneinanderschmiegen, sich in einem rhythmischen, gleichberechtigten Austausch befinden. Bis in den menschlichen Mikrokosmos hinein spiegelt sich dies in der Doppelhelixstruktur der DNS. Diese beiden Kräfte sind die rechte und die linke Hand Gottes.

Wie wirken männliche und weibliche Urkräfte im menschlichen Geiste? Und wie wirken sie auf dem spirituellen Weg eines Menschen?

OM: Als Pfad der Wahrheit und als Pfad der Liebe dienen sie dem Geiste des Menschen als Weg, sich dem Göttlichen anzunähern und wieder eins zu werden. Das Männliche ist ausschließend und ausschließlich, das Weibliche ist umschließend und umfassend. Das Männliche ist die vollständige Verneinung, das Weibliche die vollkommene Bejahung. Scheinbar sind diese Wege gegensätzlich, doch sie führen zum Selben, streben zum EINEN. Auf dem männlichen Weg wird alles zurückgewiesen, was nicht dem Einen dient, die ganze vergängliche Welt wird als das Nicht-Selbst zurückgewiesen. Auf dem weiblichen Weg wird alles vollkommen angenommen als das Eine. In Wirklichkeit ist es unmöglich, nur einen männlichen oder nur einen weiblichen Weg zu gehen, denn beide Kräfte befinden sich in ewiger Umarmung. Wahrheit ist wertlos ohne Liebe und Liebe ist wertlos ohne Wahrheit.

Was bedeutet es, alles auszuschließen und was bedeutet es, alles anzunehmen?

OM: Männliche Kraft ist monolithisch, sie steht für sich. Der Monolith wird auch symbolisiert im aufgerichteten Phallus. Er ist sich selbst genug, er braucht nichts. Männliche Kraft spricht: Ich bin. Ein männlicher Impuls beinhaltet eine natürliche Härte und Festigkeit, die sich im übertragenen Sinne beispielsweise als Tugend von Entschlossenheit zeigen kann, als Willensstärke, Unnachgiebigkeit und Unbeirrbarkeit. Die weibliche Kraft ist verbindend und aufnehmend in ihrer natürlichen Sanftheit. Sie spricht: So sei es. Sie empfängt den männlichen Impuls und nimmt ihn in sich auf, was durch den weiblichen Schoß symbolisiert wird. Sie erwartet ihn nicht, will nichts von ihm. Sie ist einfach offen und bereit, ihn aufzunehmen. Es geschieht einfach, denn diese Kräfte selbst streben nach Vereinigung. Innen, wie außen. Es geschieht auch in der äußeren Welt, als Widerhall, oder Widerschein dieser inneren Vereinigung, die sich in der Tiefe des Menschen jeden Augenblick neu vollzieht. Jedoch die äußere Vermählung als Mann und Frau zu vollziehen, ohne Zugang zur göttlichen Quelle zu besitzen, führt zwangsläufig in die Verirrung.

Letztlich enthüllt sich die Vereinigung männlicher und weiblicher Urkräfte als Paradoxon des spirituellen Weges: Als Alleinsein im Zusammensein oder als Zusammensein im Alleinsein. Das Alleinsein zu erlangen ist eine Berührung mit männlichen Urkräften der Seele, während vollständiges Zusammensein, das Einssein mit anderen Menschen, aus der Berührung mit der weiblichen Urseele fließt. Alleinsein bedeutet „allein mit Gott“ und Zusammensein bedeutet „zusammen mit allem“.

Das heißt, beide Qualitäten müssen innen erfahren werden und sich vereinigen, um die Ganzheit des Menschseins zu leben?

OM: Nein, in Wahrheit sind die Kräfte bereits in Vereinigung. Sie vereinigen sich jeden Moment von neuem, immer wieder, ewig. Es handelt sich um vollständig unpersönliche Kräfte, die nur durch die Persönlichkeit eines Menschen wirken.

Aber das ist nicht die Realität, in der Menschen leben ... Wir leben als Männer und Frauen und wir haben Schwierigkeiten mit dem anderen Geschlecht.

OM: Das stimmt. Das ist die Folge davon, dass die Menschen in einer geistigen Konzeptwelt leben und nicht im Sein. In dieser Welt des Ichs sind die Kräfte zu etwas persönlichem geworden. Der Geist greift in das natürliche Miteinander der Kräfte ein, verzerrt sie, lenkt sie um, schwächt sie, unterdrückt sie, spaltet sie und so weiter. Die gesamte Kultur des Westens leidet seit vielen Generationen an einem patriarchalischen Geist, welcher sich der männlichen Urkräfte bemächtigt hat. Scheinbar beherrschen männliche Kräfte die Gesellschaft. Doch in Wirklichkeit sind männliche Urkräfte stark unterdrückt. Wenn Menschen eine starke Dominanz - geistig besetzter - männlicher Kräfte auf Kosten der weiblichen Seele leben, dann kommt es zu soziopathischen Störungen. Menschen sind dann nicht in der Lage, wirklich in Beziehung zu treten zu anderen, verbunden zu sein. Sie werden von Berührungsängsten dominiert. Für das Empfinden einer tiefen Verbindung, der Nähe zu einem anderen Menschen bedarf es immer ein Stück weit das Aufgeben des grenzziehenden Ichs. Aber die Egozentrik, oder sogar Egomanie, beherrscht die Menschen des westlichen Kulturkreises im Allgemeinen viel stärker, als Völker östlicher Gesellschaften und Religionen. Und die Egozentrik ist ein Gleichnis für das Ich als ein Monolith, und deutet darauf hin, dass der Geist die männliche Eigenschaft der Härte benutzt, um sich zu behaupten, sich ins Zentrum der Welt zu stellen und gewissermaßen über die Welt zu herrschen. Für das Verständnis des natürlichen Verbundenseins mit der Welt, mit anderen Wesen, verwenden manche Lehrer den Begriff der Mit-Welt. Der monolithische Geist jedoch kennt nur die Um-Welt.

Das heißt, eigentlich sind die Urkräfte in ihrer absoluten Reinheit im Menschen vorhanden, treten dann aber verzerrt nach außen. Kannst Du genauer ausführen, wie das geschieht?

OM: Nehmen wir als Beispiel das Auftreten eines Impulses männlicher Kraft. Jetzt produziert der Geist Angst, Befürchtungen, was alles geschehen könnte, wenn dieser Impuls durchgelassen wird: „Ich könnte jemanden verletzen“ oder „Ich werde nicht mehr geliebt“ und so weiter. Dann geschieht ein Greifen nach dem Impuls. Der Impuls wird in die Ich-Struktur, mit der sich der Mensch identifiziert, eingebaut – und von der ursprünglichen Absicht bleibt nicht mehr viel übrig. Entweder der Impuls kommt ganz zum Erliegen oder er nimmt Richtungen an, die unrein sind, die geistig verunreinigt sind. Das trifft auch auf die weibliche Urkraft zu. Die Fülle beispielsweise ist ein weibliches Merkmal, doch der weiblich identifizierte Geist – im Mann wie in der Frau – denkt häufig chaotisch, in verschiedene Richtungen gleichzeitig und handelt uneffektiv, sozusagen aus einer falschen Fülle heraus. Wenn die weibliche Urkraft nicht vollständig auf das Rückgrat innerer Führung des Männlichen zurückgreifen kann, entsteht Orientierungslosigkeit, die zu „hysterischen“ Handlungen führen kann. Ist der Kontakt mit der inneren Führung der männlichen Seele vorhanden, dann kann die weibliche Seele sich entspannen. Besonnenheit ist die Qualität, die sich zeigt, wenn die weibliche Seele aus dem Raum innerer Autorität handelt.

Quelle: gekürzter Version aus dem advaitaJournal Vol. 14; 2006
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