Gewalttätige Sekte in Dottikon

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So, oder ähnlich lauten Überschriften aus Schweizer Zeitungen, die in der 2. Novemberwoche erschienen sind. Sie beziehen sich auf eine 60jährige Schweizerin (nennen wir sie Monika), die seit einigen Jahren auch Schülerin der Enneallionce - School for Inner Work ist, eine Lebensschule für Erwachsene, die ich seit Mitte der 90er Jahre leite. Ich habe eine andere Überschrift:

„Inquisition lebt in der Schweiz wieder auf.“

Monika arbeitet seit vielen Jahren mit Menschen. Nun wird ihr Freiheitsberaubung, Übergriffigkeit und Gewalt gegen Teilnehmer ihrer Gruppe vorgeworfen. Ich erhielt eine Anfrage aus der Schweiz mit der Frage, was ich davon halten würde. Meine Antwort: Da ist etwas Wahres dran. Ein wahrer Kern plus 95% blühende neurotische Phantasie. In ihrer Gruppe sollen, so steht es in einem Bericht „bis zu 15 Menschen gleichzeitig auf Teilnehmer eingeschlagen und eingetreten“ haben. „Jahrelang schauerliche Szenen“ sollen sich da abgespielt haben. Ich verspürte nicht einmal Zorn, oder Betroffenheit beim Lesen dieser Texte, es hatte vielmehr fast eine gewisse Komik,  dieses Zeugnis eines Horrorkabinetts, welches mehr über die Naivität, die paranoiden Phantasiewelten und den Realitätsverlust derjenigen aussagt, die sich für die Verbreitung dieser Informationen verantwortlich zeichnen, als über diese Frau. Es wäre nur komisch, wenn es für Monika nicht so tragisch wäre. Zudem ist dies ein Lehrstück über dilettantischen, unseriösen Journalismus.  Was war vorgefallen?

Mehrere Menschen, die sich von Monika verletzt fühlten, gingen zu einer privaten Sektenberatung und klagten dort ihr Leid. Monika wurde nicht zu einem Gespräch gebeten, sondern nahm selbst Kontakt auf. Eine bei dem folgenden Gespräch anwesende Zeugin berichtete in einem Brief, der an mein Büro ging, die dort anwesenden Psychologinnen hätten keinerlei Interesse gezeigt, sie anzuhören und sich ein differenziertes Bild zu machen, sondern seien lediglich daran interessiert gewesen,  ihre einzig auf den Schilderungen dieser Menschen basierenden Anschuldigungen, ihr bereits zu 100% gefälltes (Vor-)Urteil loszuwerden. Sie hörten nur, was sie hören wollten. Bereits einen Tag vor diesem Gespräch (ein Zufall!) waren alle Informationen  an die Presse gegeben worden, welche sie  offensichtlich ohne eigene Recherche gierig aufsaugte, denn das ist genau die Art von Meldung, auf die der brave Schweizer Zeitungsleser gewartet hat. Endlich ist das Böse im Außen ausgemacht, moralische Empörung und aufgestauter, selbstgerechter  Zorn finden endlich ihren Ausgang. Welche Erleichterung. Nichts leichter, als auf diesen Zug aufzuspringen.

Die genaue Betrachtung des Zustandekommens dieser Veröffentlichungen erinnert stark an Verfahren der Inquisition des Mittelalters gegen „Ketzer“. Die Inquisitoren fühlten sich stets moralisch im Recht, obwohl ihre Verfahren mit differenzierter Wahrheitsfindung wenig zu tun hatten. Auch hier wird im Namen der Moral massiv Gewalt gegen diese Frau ausgeübt und gerechtfertigt. Es findet eine gnadenlose Hetzkampagne gegen sie, ihre Familie und gegen alle Menschen statt, die mit ihr arbeiten. Geleitet von ganz primitiver Emotionalität. Und das von Leuten, die doch angeblich so stark für Opfer der Gewalt eintreten. Eindimensionale Schwarz-Weiß- Bilder von Opfer und Täter sind notwendiger Bestandteil dieses Geschehens. Unter dem Deckmäntelchen des Opferschutzes agieren hier die angeblichen Nur-Opfer feige aus der Anonymität und Heimlichkeit, was von der privaten Sektenberatung vollends unterstützt wird. Auch sie hielten es, wie gesagt, nicht für nötig, mit der vermeintlichen Täterin in Kontakt zu treten, um sich offenen Geistes ein differenziertes Bild der Gesamtsituation zu machen.

In der Moderne geschieht die Inquisition jedoch nicht mehr im Namen der Kirche, sondern im Namen der Aufklärung und der Wissenschaftlichkeit. Die vermeintlichen Aufklärer bezeichnen alles, was über ihren beschränkten Horizont hinausgeht, pauschal als „Esoterik“. (s. dazu meine Ausführungen zur verbreiteten Prä/Trans-Verwechslung in Kapitel 3 „Evolution und Involution“ in meinem Buch „Intelligenz des Erwachens“. Im auf 17 Seiten aufgeblasenen Protokoll des Vereins „infoSekta“, (einsehbar unter www. Infosekta.ch) zu diesem Fall heißt es beispielweise über das Enneagramm, es sei ein „esoterisches Symbol“, das „aus wissenschaftlich-psychologischer Sicht … unseriös“ sei. Mal abgesehen davon, dass das Enneagramm in Teilen der USA längst in psychologischen Fachkreisen etabliert ist, so ist das doch eine ziemlich unbedarfte Aussage von jemandem, der schlicht unwissend ist und keinerlei fundierte Kenntnis über die genaue Anwendung dieses Modells besitzt. Ein Anwender und Kenner, der es in der täglichen Praxis der Arbeit mit Menschen anwendet, kann immer wieder neu bestätigen, wie exakt dieses Modell Strukturen der Psyche wiedergeben kann. Nicht, weil er an das Enneagramm glaubt, sondern weil es sich in der praktischen Arbeit wiederholt bestätigt. Über „Satsang“ heißt es in dem gleichen Protokoll,“ die Vorstellung der Meister-Verehrung“ sei ein wesentliches Element dieser „neureligiösen Strömung“.  In der reinen advaita Lehre, aus der Satsang stammt, wird die äußere Meister-Verehrung radikal zurückgewiesen nach innen. Das exakte Gegenteil ist also eigentlich der Fall. Da schreiben wirklich Ahnungslose über etwas, über das sie besser schweigen sollten. Ein anderes, aktuelles Beispiel ist der kürzlich erschienene Spiegel-Titel Homöopathie – Die große Illusion. Auch dort wird der Homöopathie mangelnde Wissenschaftlichkeit vorgeworfen, ein Vorwurf fast so alt, wie die Homöopathie selbst. Allein die Vorstellung, dass Tausende von Homöopathen in allen Ländern der Erde ausschließlich von der Illusion eines Placeboeffekts leben, ist doch hochgradig naiv. Dass die mangelnde Nachweisbarkeit durch die Wissenschaft ausschließlich auf der Begrenztheit ihrer eigenen Methode basieren könnte, auf die Idee kommt keiner dieser Wissenschaftler? Wissenschaftler halten sich für „objektiv“ und haben meist noch wenig Einsicht in die Manipulation und Begrenztheit ihrer eigenen, persönlichen Weltsicht, welche ihre Forschung dirigiert. (s. dazu z.B. „Metaparadigma der Wissenschaft“ in „Intelligenz des Erwachens“  S. 312). Auch die Psychologinnen dieser Sektenberatung, die ja offensichtlich selbst stark sektiererische Strukturen aufweist (wenn wir die Ausgrenzung von Andersartigkeit und Gewalttätigkeit durch fundamentalistische Denkstrukturen als typische Merkmale sektiererischer Gruppierungen verstehen), sind sich der Beschränktheit ihrer eigenen Interpretation der Vorgänge keinesfalls bewusst. In ihrem Protokoll geht es wiederholt um „Erleuchtete“, oder „Eingeweihte“, die aus der Sicht ihrer Anhänger Zugang zu „höherem Wissen“ haben, wodurch ein Abhängigkeitsverhältnis entstehen würde. Natürlich wird es nicht offen gesagt, aber zwischen den Zeilen scheint die Überzeugung durch, dass diese Menschen höheren Wissens nicht real sind, sondern lediglich ein Produkt „esoterischer Verblendung“ ihrer Anhänger. „Es gibt keine echten Gurus.“ Mit dieser Aussage kollektiver abendländischer Ignoranz setzt sich u.a. das 4. Kapitel des Buches „Intelligenz des Erwachens“ auseinander.

Ist diese Frau nun Opfer, oder Täter? Nun, ich würde sagen, sie ist beides. Genauso, wie diejenigen Menschen, die sich von ihr verletzt fühlen. In der Schule ist sie einige Male stark damit konfrontiert worden, dass sie die Haltung einer Übermutter einnimmt und damit Abhängigkeiten zu ihren Schülern schafft, die sie nicht aus der inneren Haltung eines Kindes entlässt. Eine Übermutter tendiert zur Übergriffigkeit, zur Einmischung  und behandelt das Gegenüber nicht mit dem notwendigen Respekt als erwachsenen Menschen. Also sollte sich niemand allzu sehr darüber wundern, dass in einer infantilen und verantwortungslosen Haltung von Menschen, die fest daran glauben, ein unschuldiges Opferlamm zu sein,  solche verzerrten Sichtweisen und Lügen an die Öffentlichkeit gelangen, die von dieser nur zu gern unreflektiert aufgenommen werden.

Aber was ist denn mit dem Vorwurf der gewalttätigen Misshandlung? Da sind doch Menschen geschlagen worden! Ich war nie persönlich in Dottikon, spreche also auch nur vom Hörensagen. Aber ich kenne diese Frau gut und weiß, dass sie eine gute Therapeutin und Heilerin ist. Sie hat also Menschen einen Schlag versetzt. Ja, … und?  Die Scheinheiligkeit und moralische Überhöhung  im Geiste vieler Menschen macht sich doch nicht die Mühe, erweckende, lebendige Kraft von Gewalt zu unterscheiden und blendet vollständig aus, dass sie selbst ein inneres Gewaltregime von Unterdrückung führt. Natürlich ist Monika eine Lernende und als solche vollkommen verantwortlich für das, was sie tut. Zu mir kommen viele Heilberufler und ich lehre ihnen nichts über ihre Arbeit. Ich sage Ihnen nicht, was sie gegenüber ihren Klienten, oder Schülern tun, oder lassen sollen. Ich lehre sie den Weg der Selbsterforschung, den Weg innerer Wissenschaft, den Weg der Menschwerdung. Wer selbst vollständig Mensch geworden ist, der ist auch mit anderen Menschen ganz natürlich menschlich. Aber das ist ein Prozess, ein Weg von Dauer. Und dieser Weg ist zwischendurch immer wieder auch schmerzlich.

Zum Abschluss möchte ich es nicht versäumen, Monika und allen Menschen, die mit ihr arbeiten, oder gearbeitet haben, im Namen der gemeinnützigen Stiftung Gut Saunstorf zu danken. Sie haben mit ihren Spenden dazu beigetragen, dieses Projekt ins Leben zu führen. Es ist bis heute überhaupt viel Geld von Spendern aus der Schweiz für Gut Saunstorf – Ort der Stille gestiftet worden. Dafür gibt es eine große Wertschätzung.

                    OM C. Parkin

Aritkel von OM C. Parkin, Dezember 2010
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