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Der innere Weg ist der Fall

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INTERNER DARSHAN MIT OM IN HAMBURG, 14.03.2008

Quelle: Dies ist ein Auszug aus dem internen Darshan mit OM vom 14. März 2008 in Hamburg. Der komplette Darshan ist als Audio zu beziehen über www.advaitamedia.com

 

Luna: Mich berührt sehr, was du über das Loch sagst, denn wenn ich in dieses Loch falle, dann berühre ich zuerst eine Art Sinnlosigkeit und die Leere von allem, was mir wichtig gewesen war und danach kommt so etwas, was ich als eine Wunde empfinde – es ist so eine klaffende Wunde in meinem Inneren. Es fühlt sich an, als würde es mich daran hindern, wirklich tiefer zu fallen.

Wenn du in ein Loch fällst, dann wirst du so wie in jedem Fall verschiedenen Schichten des Bewußtseins begegnen. Und wenn wir uns fragen, was die Menschen daran hindert, tiefer zu fallen, dann begegnen wir dem immer gleichen Phänomen. Sie begegnen einer Schicht des Bewusstseins, einer tieferen Schicht des Bewusstseins, und sie weigern sich, diese Schicht so vollständig zu erfahren wie sie eben ist.

Niemand kann wissen, welche Substanz eine Schicht des Bewusstseins hat; manche Schichten sind dünner und andere Schichten sind dichter und haben mehr Substanz. Es handelt sich hier um die Sedimente der Zeit, die hinterlassen worden sind aus einer Geschichte der Zeit, die vierzig Jahre alt ist, die vierhundert Jahre alt ist, die viertausend Jahre und älter ist. Und durch all diese Sedimente der Zeit geschieht der Fall, den wir fallen. Und wenn nun ein Mensch auf eine Schicht stößt, die er einfach nicht bereit ist zu durchstoßen, einfach hindurch zu fallen, dann wird er von dieser Schicht zurückgestoßen; er stößt auf Widerstand und ist der Meinung, es sei diese Bewusstseinsschicht, in der dieser Widerstand zum Ausdruck kommen würde.

Er beklagt sich: Das ist aber eine besonders harte Schicht, eine besonders harte Gesteinsschicht, da komme ich nie durch. Und meine Antwort ist dann meistens: „Schau dir an, ob die Schicht hart ist oder ob du hart bist. Es könnte sein, dass du deine eigene Härte, deinen eigenen Widerwillen auf diese Schicht projizierst und tatsächlich dem Glauben anhängst, diese Schicht sei zu hart, um hindurch zu fallen“. Die Wahrheit ist, dass alle diese Schichten nicht nur weich, sondern eigentlich so flüchtig sind, so vollkommen ohne jede Substanz, dass es ein leichtes wäre, durch sie hindurchzutauchen, aber wir wissen selbst: Geistige Haltungen, geistige Kräfte können härter sein als Stein, härter sein als die härteste Materie, die in der materiellen Welt auftaucht. Aber wenn wir dieser Härte begegnen, fehlt uns das Bewusstsein darüber, dass diese Härte nicht real ist. Wir nehmen an es handele sich um eine Härte, die vergleichbar in der materiellen Welt einer unüberwindbaren Härte entspricht. Wenn ich mit dem Kopf auf Stein stoße, wenn ich einen riesigen Felsbrocken vor mir habe, dann wird es mir in der materiellen Welt schwerfallen, ihn beiseite zu heben.

Doch unbewusst nehmen wir dasselbe an, wenn wir auf bestimmte Schichten des Bewusstseins stoßen, und es für unmöglich halten, tiefer zu fallen, tiefer zu forschen, wir werden geradezu abgestoßen. Und dieser Mechanismus geschieht uns immer wieder und wird hauptsächlich dadurch bedingt, dass wir die Härte unserer eigenen Haltung auf diese Schicht des Bewusstseins projizieren, uns aber über diese Übertragung nicht wirklich bewusst sind. Das führt dann aber wie gesagt dazu, dass wir es mit einer „realen“ Härte zu tun haben anstatt mit einer Härte, die es gar nicht gibt, die gar nicht real ist, die gar nicht existiert. Das heißt, wenn etwas hart ist, wenn wir mit dem Kopf während des Fallens auf irgendetwas Hartes stoßen, dann ist es nie das, auf was wir stoßen, sondern immer die Art, wie wir stoßen. Eigentlich gibt es nichts, was dich hält, eigentlich gibt es nichts, durch was du nicht hindurchtauchen könntest. Denn alles, was dir begegnet während des freien Falls in die Tiefe deiner selbst, wenn du denn überhaupt bereit bist zu fallen, ist von nicht realer Härte, von nicht realem Widerstand, der dich zurückweist, der dich zurückhält, der dich wieder zurückzieht in die illusionäre Welt, in der dein Geist lebt. Tatsächlich hat jeder Mensch in jedem Augenblick die Möglichkeit zum freien Fall.

Und tatsächlich brauchen die Menschen gewisse Bedingungen, die da sind: Vertrauen, Mut, Glaube, um nur einige zu nennen, um bereit zu sein für diesen Fall. Wir können nicht warten, und wir müssen auch nicht warten. Es gibt Menschen, die glauben, wenn ich keine Angst mehr habe, dann werde ich fallen. Ja glaubst du ernsthaft, dass du jemals in diesem Leben einen Zustand erreichen wirst wo du keine Angst mehr hast? Wer glaubt das? Und ich sage dir, du kannst 20, 30, 40 Jahre in Therapie gehen, du kannst magische Praktiken erlernen, du kannst übernatürliche Kräfte erlernen, du kannst zehn Stunden täglich meditieren und Chi-Praktiken machen, es nützt nichts , gar nichts, es ist alles umsonst. Die Angst wird wiederkommen. Also eine wohlgenährte Illusion vieler Menschen auf dem Weg: Wir warten bis die Angst weg ist, dann wird es soweit sein. Dieser Zustand wird nie eintreten, jedenfalls nicht vor dem Fall. Das heißt auch: Angst ist nicht das harte Hindernis, auf das du stößt, auch Angst ist ihrem Wesen nach nicht hart. „Ich kann nicht, weil ich Angst habe!“, natürlich, wie oft haben wir diesen Satz innerlich gehört oder auch weggehört, wenn er da war. „Ich kann nicht, ich habe zu viel Angst.“ Ja, und es geht hier um eine neue, eine erweiterte Sichtweise auch mit der Angst, es gilt dasselbe: Nicht die Angst ist hart, meine Haltung ist hart. Das heißt, der Fall ist mit Angst möglich, ja er ist unabdingbar.

Vielleicht könnten wir sagen, dass es eine Kraft braucht in den Menschen, die diese Angst nicht in Schach hält - das wäre schon wieder eine Ausdrucksform aus einer inneren kriegerischen Auseinandersetzung mit Angst - nein, ich meine eine Kraft, die Angst im Gleichgewicht, in Balance hält, und diese Kraft nenne ich Vertrauen. Wir nutzen den Weg, die Nähe zur Weisheit, die Nähe zur Verwirklichung des Selbst, die Nähe zum Sein wie in diesem Darshan, wir nutzen diese Nähe, um dieses Gleichgewicht zu nähren, das Gleichgewicht zwischen Vertrauen und Angst. Wenn ein Mensch sich von dem Vertrauen abwendet, so wie es viele tun, dann gerät dieses Gleichgewicht aus der Balance und die Angst nimmt überhand, und wir können nicht fallen. Wenn du mich fragst, wenn ich immer wieder die Frage gestellt bekomme: Ja wie geht denn das, ich habe Vertrauen nicht gelernt, und dann kommt die Kindheitsgeschichte, dann kommen die Eltern, dann kommen einfach Verunsicherungen aus der frühesten Entwicklung dieses Organismus. Dann sage ich: Vertrauen lernt man nicht in der Vergangenheit, Vertrauen lernt man jetzt. Und es spielt keine Rolle, welche Geschichte in deiner geistigen Welt gespeichert ist, was du glaubst für eine Kindheit erlebt zu haben, was du glaubst für Eltern gehabt zu haben, all das spielt überhaupt keine Rolle. Die Illusion, diese therapeutische Vorstellung, dass Menschen, die eine gute, eine liebevolle Kindheit erlebt haben, in der alle ganz lieb waren zu diesem Kind, dass die wirklich gelernt haben endgültig zu vertrauen - das ist doch eine Illusion! Aus einer radikalen Sicht geht es darum, nicht (begrenztes) Vertrauen in die Welt zu haben, nicht Vertrauen in das Leben, sondern ein Vertrauen, das in diesem Augenblick umfassend ist. Also nicht ein Vertrauen in den Lebensstrom der Zeit, sondern ein jetziges Vertrauen, ein augenblickliches Vertrauen, ein Vertrauen, dem du dich in diesem Augenblick zuwendest.

Wir können Vertrauen nicht lernen, wenn wir uns ihm nicht zuwenden, es ist eine Frage innerer Zuwendung, und diese innere Zuwendung verlangt nach einem aktiven Moment. Also nicht: Wir warten, dass das Vertrauen zu uns kommt, sondern wir wenden uns dem Vertrauen aktiv zu, denn dem Misstrauen haben wir uns ja schließlich genauso aktiv zugewandt. Oder wer glaubt daran, dass dieses Misstrauen von irgendwo her angeflogen kam, zufällig, und uns überfallen hat? Nein, nichts hat uns jemals überfallen. Nicht aus dem erwachsenen Bewusstsein heraus. Und diese Zuwendung, die in diesem Moment ganz bewusst und einfach geschieht, wenn du fühlst, was jetzt hier ist, nicht was gestern war, nicht was in deiner Kindheit war, nicht was in der Vergangenheit war, sondern jetzt, was ist jetzt hier? Diese Zuwendung gibt dir die Kraft, sie gibt dir die Balance, das Gleichgewicht und die Bereitschaft, auch das, was du Angst nennst, einfach da sein zu lassen und ihr den Raum zu geben, anstatt ihr immer wieder der Raum zu nehmen, in dem Glauben: Sie muss weg, sie darf nicht da sein. Wenn ich keine Angst mehr habe, bin ich erleuchtet, wenn ich keine Angst mehr habe, werde ich fallen können. Wie gesagt, vielleicht gibt es diesen Zustand gar nicht, dass du diese Angst nicht mehr haben wirst. Und so bleibt dir nichts anderes übrig, als zu akzeptieren was ist, zu nehmen was ist, und mit dem, was ist, zu gehen, zu fallen, und in diesem Fall … Es gibt einen schönen Satz eines anderen Meisters, der sagt: Realität ist, was der Fall ist! Eine doppelbödige Aussage.

Realität ist, was der Fall ist. Das möchte sagen, wenn ein Mensch aufwachen möchte aus seiner Welt, die ganz offensichtlich eine vergangene Welt ist, eine beschränkte Sicht dessen, was ist, dann bleibt ihm gar nichts anderes übrig als dieser Fall. Es ist ein Fall aus dem, was nicht ist, und deswegen sage ich immer wieder: Wenn du einen inneren Weg gehen möchtest, mache dich darauf gefasst, dass es gar kein Weg ist, sondern ein Fall. Der Innere Weg ist eigentlich ein Innerer Fall, weil es sich nicht um einen horizontalen, sondern um einen vertikalen Weg handelt. Und einen vertikalen Weg nennt man Fall. Und dieser Fall ist nichts anderes als die einzig mögliche Kontaktaufnahme mit Realität, die das Ichbewusstsein des Menschen zurücklässt. Und dieser Fall wird dir alles nehmen, er wird alles zurücklassen. Er wird das Leben zurücklassen, er lässt zurück, was du kennst. Er lässt dein Leben, so wie du es kennst, zurück. Das ist sicher. Aber das ist ja auch genau das, was wir uns eigentlich wünschen. Und trotzdem hängen wir dran, hängen immer wieder fest, halten uns fest. Bis hierhin und nicht weiter! Das sind die harten Schichten, von denen wir eben sprachen, die nicht hart sind. Es ist einfach nur die Haltung: ‚bis hierhin und nicht weiter’, und ich begegne dieser Haltung natürlich eigentlich bei fast allen Menschen immer wieder, und wenn wir ihr begegnen, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als innerlich weich zu werden, weich mit uns selbst, Mitgefühl mit uns selbst. Und dieses Mitgefühl mit uns selbst wird früher oder später diese Härte mit dem Satz: ‚Bis hier hin und nicht weiter!’ schmelzen. Ja, manchmal ist es die Härte, die die Härte zerschlägt und manchmal ist es die Weichheit, die diese Härte schmilzt. Wir brauchen kein rigides Konzept.

Manche Menschen spüren in bestimmten Augenblicken oder in bestimmten Phasen, dass es für sie ganz wichtig ist, weich zu sich selbst zu sein. Und sie spüren, dass die Weichheit des Wassers das Heilmittel für sie ist. Aber wir dürfen daraus kein endgültiges Konzept machen und glauben, dass es das jetzt ist, und dass das immer so sein wird. Nein, es kann sein, dass - wenn wir in jedem Augenblick offen sind und fühlen - dass wir erkennen, dass es im nächsten Augenblick die Härte des Eisens ist, die wir brauchen, um unsere innere holzige Knorzigkeit einfach zu durchschlagen. Wir dürfen kein Konzept anwenden eines Heilmittels, von dem wir glauben, es sei unser einziges und immerwährendes auf dem gesamten Weg. Wir brauchen immer neue, immer andere, immer die, die dem Augenblick angemessen sind. Das ist kein Weg der Kochrezepte; Kochrezepte sind für einfache Gläubige - die wollen wissen, wie es geht. Wie komme ich zu Gott? Wie kann ich ein guter Mensch werden? Und was muss ich dafür umgehen, welche moralischen Werte muss ich einhalten und welche muss ich meiden? So einfach ist das. Und dann will ich einen Priester haben, der mir die Rezepte gibt - aber das ist nicht dieser Weg.

Dieser Weg verlangt von dir das Gehen in Achtsamkeit, das Gehen in Innerlichkeit, das Gehen in Meditation. Und dieses Gehen verlangt von dir eine Aufmerksamkeit des Augenblicks, und diese Aufmerksamkeit des Augenblicks gibt dir das Wissen über das Heilmittel, was du in diesem Augenblick brauchst. Und was ich hier sage bedeutet auch, dass du deine Vorzüge und Abneigungen aufgibst, denn auch deine Vorzüge und Abneigungen entsprechen alten vergangenen Prägungen, Konditionierungen und Geschichten, die dem Moment nicht begegnen könne, die dem Moment nicht entsprechen, und die nicht angemessen sind. Wenn dein Vater dich immer nur das Schwert gelehrt hat, dann bist du genauso in der Bredouille, wie wenn deine Mutter nur den sanften und sänftelnden Umgang mit dir selbst gelehrt hat. Ja, es sind beides unangemessene Konzepte.

Wie ist das?

Ich höre das.

 

INTERNER DARSHAN MIT OM C. PARKIN IN HAMBURG, 14.03.2008
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